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Großfamilie beim Planschen... oder Schwimmen wie ein Hund;-))


Das Mädchen planscht im Wasser und freut sich. Ihre Mutter schwimmt wie ein Hund. Sie haben eine gelbe Schwimmwurst dabei. Das dunkelhaarige Mädchen holt sich gerade ein rosa Handtuch aus ihren abgelegtenTaschen unter dem Weidenstrauch und setzt sich auf den Steg.


Mir gefällt wie autodidaktisch ihre Mutter immer wieder 'schwimmt', ein paar Züge lang. Sie hat ein schwarz-weiß gestreiftes T-Shirt an, viele Einheimische ziehen sich nicht aus wenn sie ins Wasser gehen, ich kenne das aus Afrika. Knapp 20m davor treibt ein Fischer mit seinem Kolzkanu am ruhigen See. 'Kuku' werden diese Einbäume im Dialekt genannt. Mit der linken Hand hält er das Holzruder, mit der anderen führt er sein Netz.


Eigentlich alle Fischer die ich bislang am See beobachtet habe, aber auch die allermeisten Bauarbeiter haben ständig ihre, eine Kapuze über dem Kopf. In dem Falle ist es beim Fischermann ein braunes Sweatshirt mit einem rötlichen Superman Logo auf der Brust.

Der Kahn war einmal grün lackiert, vor lauter Gebrauch scheint nun das Holz wieder deutlich durch.


Inzwischen hocken Mutter und Tochter am Strand, die Füße im Wasser, ihr Gesäß auch noch knapp. Die gelbe Wurst aus Styropor direkt hinter ihnen.

Auf dieser Bank hier saß ich schon mehrere Male und beobachtete das Geschehen ringsum. Wäre ich heute nicht ordentlich erkältet, würde ich selbst ein bisschen im See schwimmen, so ähnlich wie ein Hund:-)


Während zweier offenen Pickup Fahrten auf den Ladeflächen am vergangenen Donnerstag, zog ich mir eine gescheite Unterkühlung zu. Ich hatte verabsäumt eine Jacke überzuziehen, und vorher geschwitzt. Jetzt kuriere ich mich aus. Das dauert einige Tage.


Die Mama hat sich jetzt ihr T-Shirt ausgezogen und versucht sich mit ihrem gelben Handtuch zu trocknen. Das Schwimmmädchen verwendet inzwischen doch einmal die gelbe Styroporschlange zum Planschen. Ein junges Pärchen kam in der Zwischenzeit an den kurzen Holzsteg und spielt mit Handyfotografiererei. Der Bursche in hellen Jeans und schwarzer, dickerer Kapuzenjacke, die junge Frau ebenso mit schwarzer Jacke, darunter trägt sie jedoch ihren traditionell, bunten, klassischen Rock und als Außenaccesoir eine braune Handtasche.


Die Schwimmmama wickelt sich gerade ihren Trachtenrock um die Mitte und auch das bestickte, breite, lange Band, das als Gürtel und Taillenbetonung dient. Sie steht unter dieser jungen Weide, die Schatten spendet. Ihre Tochter sitzt jetzt wieder im Sand, ihr rosa Handtuch um sich geschlungen. Mama hat bereits ihre Sandalen wieder an und scheint aufbrechen zu wollen.


Das Mädchen zittert etwas. Natürlich kühlt die nasse Kleidung den Körper noch mehr aus, als Badesachen. Währenddessen hat das junge Pärchen viel zu bereden. Sie stehen immer noch ganz vorne an der Kante des Steges, etwa einen Meter über dem Wasser.


Bisher waren alle drei großen Vulkane am See frei. Nun hüllen sich die ersten Wolken über Atitlan, den höchsten. Das Planschmädchen hat sich mittlerweile ihre enge Jeans übergestreift, genauso ein neonrosa Shirt. Sie folgt ihrer Mutter und machte gar kein Theater als sie aus dem Wasser musste zum Umziehen. Das überraschte mich ein wenig. Mama hat auch bereits die obligatorische Gesichtsmaske übergezogen und holt noch die gelbe Schwimmhilfe, die sie in eine Brezenform knotet. Auch einen hellen Regenschirm trägt die Frau jetzt, als Stock. Ihre Tochter inzwischen mit Käppi, Brille, Maulkörbchen und ihrem Sportbeutel am Rücken baumelnd. So wandern die zwei Frühbader in ihren weiteren Sonntag.



Der Holzsteg ist aktuell menschlich verwahrlost, das junge Pärchen ging zurück zu ihrem Moped das auf dem Uferweg heroben parkt, unweit von mir. Weil Wochenende und Sonntag ist, cruisen mehrere sogenannte Ausflugsdampfer am See, mit Musik als Entertainment für ihre zahlenden Gäste.


Die vorübergehende Stille am Steg durchbricht nun aber ein Mann mit vielen Kindern im Schlepptau. Die meisten von ihnen sind bereits halb- oder ganz ausgezogen. Das Team hatte Schwimmbekleidung bereits daheim zu unterst angelegt. Es sind insgesamt sieben Kinder, davon nur zwei Burschen. Mittlerweile sind auch schon alle im Wasser, auch der, nennen wir ihn, 'Vater'. Für mich überraschend kam nun aber auch 'Mama' an, mit einem Motorroller, und bringt das wohl jüngste Kind mit. Sie trägt es vor ihrer Brust, es ist im Babyalter.


Wenn das Ganze eine Familie ist, dann bestehen sie aus 10 Personen, 2 Eltern und 8 Kinder. Die Älteste ist vielleicht 10, dazwischen alle Größen und Alter vertreten bis zum Baby im ersten Lebensjahr. Das ist einmal richtig Leben hier!


Die westliche Gesellschaft predigt Wenig-Kinder-haben Erzählungen, die ins Verderben führen, keine Frage. Ohne Kinder kein Leben. Ohne Kinder kein gutes Leben, ohne Kinder kein Überleben.


Auch wenn vielleicht Cousinen dabei sein mögen, es ist ein großer Clan und das finde ich gut. Genauso bin ich auch aufgewachsen in unserer Großfamilie. Wir waren 10 Kinder im Haus, von zwei eng verwandten Familien. Alle zehn Kinder haben dieselben Großeltern und weiteren Ahnen. Die Altersabstände unter uns Kindern sind jedoch nicht ganz so knapp, zwei bis drei Jahrem trennen uns immer wieder. Natürlich auch manches Andere, das ist selbstverständlich und macht das gesunde Konglomerat einer Sippe aus.



Wenn ich diese große Familie am Wasser beobachte, dann denke ich mir, es wäre doch wunderschön Vater zu sein. Ich bin es nicht. Es geht nicht beides. Eine Familie haben und andererseits wie ein Weltenbummler unterwegs zu sein. Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt Familien die gemeinsam ständig auf Reise sind und so auf- und zusammenwachsen. Kinder großzuziehen ist aber mehr als ein paar schöne Stunden am Strand zu verbringen und alle vergnügt zu sehen.


Mutter und Vater nehmen sich nun beide um das Baby an. Es wird Windel gewechselt. Vater hält anschließend das frisch in Pampers eingepackte, trockene Mädchen in sein Händen. Mama kommt mit der benützten Plastikwattepackung herauf zum Weg zu ihrem Roller. Als sie die Hände wieder frei hat spreche ich sie an: 'Hast du 8 Kinder?? Sie antwortete: 'Nein, 2!' Ich bin etwas enttäuscht. 'Und die anderen?', frage ich. 'Sind Cousins und Cousinen. Drei und drei, von Geschwistern.', meinte die Mutter.


Das junge Pärchen vorne am Steg zu erkennen, beim Fotoshooting


'Schön!', erwiderte ich, 'eine große Familie!' Sie freute sich, dass ich Interesse zeigte und ihre Arbeit und den Clan irgendwo bewunderte. Das tat ich auf jeden Fall. Das Planschen ging weiter für sie. Und ich startete, wie ein Hund, der heute nicht geschwommen war, ohne der Notwendigkeit sich trocken zu schütteln, in meinen weiteren Sonn-Tag.

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