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König oder Sklave?


Bin müde.

Wieder.

Fast so wie am Montag nach dem Megawind-Hike. Heute war's ein wunderbarer Küstentrail bis Loutro. Fantastisch. Mit Bad im Meer auf dem Rückweg. Leider führen inzwischen zu den letzten Dörfern Autopisten. Fast zu jedem Weiler, leider.

In Nepal ganz ähnlich. Noch vor 20 Jahren war das anders. Vor 40 Jahren definitiv. Das Automobil erobert die hinterletzten Verstecke. Und dieses Loutro selbst ist von keinem motorisierten Fahrzeug betroffen, aber die Boote und Fähren stürmen dieses Kleinod buchstäblich. Du hast also zumindest über den Tag vielfach Bootslärm.



Bin in Plakias.

Wo ich bereits am Samstag vorbeifuhr, es mir aber nicht so gefiel, dass ich bleiben wollte. Habe getankt, 1l für 2€20. Vor einer Woche waren es noch glatte 2€. Der Tankwart meinte das Maximum sei 2€80 gewesen, vor einigen Monaten. Und das hier in Griechenland, wo man wohl mit 1.000€ pro Monat Einkommen bereits zufrieden sein muss, denke ich.


Vegetation kann sich spärlich breitmachen im karstigen Gelände - die die es kann muss widerstandsfähig, flexibel und ökonomischst ans Werk gehen


Das Volk strahlt eine enorme Gelassenheit gegenüber diesen revolutionären Zeiten aus. Zumindest hier auf der großen Insel. Vielleicht liegt das daran, dass schon sehr viel passiert ist historisch gesehen mit den Mittelmeeranwohnern. Fast jeder mit dem ich bis dato zu tun hatte spricht Englisch. Das oftmals sehr gut. Ich dachte eigentlich man kann etwas Italienisch.


Aber die englischsprachige Globalisierung und die Europäische (politische) Union haben ganze Arbeit geleistet. Trotzdem ist wenigstens die Schrift eigenständig, gemischt mit lateinischen Buchstaben. Ich las darauf sind die Griechen (etwas) stolz. Da ich das erste Mal in Griechenland weile, kann ich's nicht absolut beurteilen, aber die Freundlichkeit überall ist einfach umwerfend.


Du bestellst einen Kaffee und bekommst ein Stück Kuchen dazu. Du bestellst fast nix und bekommst Weintrauben und Melonenstücke dazu. Du bestellst einen Salat und bekommst Brot und Wasser dazu. Du bestellst ein Bier und bekommst Erdnüsse dazu.

Zuerst denkt man, das wird dann halt auch verrechnet. Aber dem ist nicht so. Die privaten Gastgeber die fast alle dem Branchenriesen booking vertrauen geben dir zu deinem Studio noch einen süßen Kuchen, Feigen oder Olivenöl.


Das Libysche Meer im Süden der Insel gleicht mehr einem riesigen See. Eigentlich spürt man weder Flut noch Ebbe, heute ist die Wasseroberfläche gekräuselt, kein Müll, glasklare Strände, fast wie aus einer anderen Welt.


See oder Meer?

Süß oder salzig?

Egal. Einfach wundervoll.



Bin hier am Eingang der Samaria Schlucht.

Sie soll die längste Europas sein.

Tausende Leute sollen teilweise täglich durch den Canyon schlurfen. Ich nehme an über 90% von oben nach unten. Die meisten Schluchtenschlurfer die hier vorbeitrotten schauen nicht aus wie zähe Bergleute, eher wie fix und fertige Alltagstouristen die einmal im Leben hier durchwollten.

Europa war einmal wunderschön.

Landschaftlich stimmt das noch immer. Obwohl alles versucht wird Naturräume soferne sie überhaupt noch als solche erkenntlich sind zu verkleinern, verschandeln und ohne Respekt zu behandeln.



Ich kaufte mir hier gerade in der Pilgerschenke einen Orangensaft, frisch gepresst. Hinten bestaunte ich vorher bereits viele Kisten geernteter orange-grünlicher Früchte. Außerdem entdeckte ich beim Hereingehen schon viele weggeschmissene, orange Schalen, die den Ziegen und Schafen zum Fraß vorgeworfen werden. Lieber knabbern diese jedoch alles am Stein ab, egal wie unwegsam für uns Menschentiere das Terrain aussehen mag. Sie sind die wirklichen Chefs der Insel. Und das wissen sie auch. Die Farmer mit ihren Pickups wissen genau wie mit ihnen umzugehen, damit sie mit ihnen (gut genug) leben können. Hier im Taleingang stehen auch wundervolle Föhren, ähnlich wie in Korsika, mit hellgrünen, langen Nadeln, wundersam duftend.


Was blüht denn da?

Es blüht immer irgendetwas, auch wenn man von vorneherein denkt, es wäre alles tot und zu trocken.


Wirklich friedlich - friedvoll hier im Eingangsbereich der Samaria - Schlucht. Bin bei den Bienenstöcken unter zwei großen Zedern. Sie könnten auch Friedhofsplatz sein, außerhalb des winzigen Küstenortes, wo angeblich nur 10 alte Leute überwintern.

Jetzt sind's noch mehr im Ort, denn die Schluchtenwanderer sind noch immer zugegen. Daraufhin haben sich einige hier Häuschen mit Restaurants und Zimmer gebaut und leben somit von den Touristen. Vor allem von Tagestouristen. Die Boote und die Staatsfähre bieten die infrastrukturelle Erreichbarkeit des Küstennestes.


Heute Nachmittag zog es etwas zu, nach zwei Wochen Schönwetter sollen angeblich ab heute Nacht regnerische Tage folgen. Das ist auch der Grund weswegen ich entschieden habe noch heute wieder mit der Fähre zurückzufahren und nicht erst morgen. So hätte ich hier eine Nacht zugebracht, vielleicht also ein anderes Mal, wer weiß?!


Wau, was für ein Wetterwechsel heute Morgen!

Es regnet, teils intensiv, es platscht. Sturm ist auch dabei.

Beginn war ein abenteuerliches Morgengewitter. Ich hatte meine Verandatür leicht offen. Wunderbar. Denn die Temperatur blieb mild.

Mein Host servierte mir gerade meinen Frühstückskaffee mit Kuchen und Wasser, ich werde verwöhnt.

Einmal ist man Diener.

Ein anderes Mal König.

Das wechselt ständig im Leben.

Und das ist gut so!


König oder Sklave?


Dieser Regen ist doch perfekt für die ausgetrocknete und ausgelaugte Natur nach so sonnigen Sommermonaten. Der vergangene Winter sei sehr schneereich gewesen hier und an der Küste regnerisch meinen die Einheimischen, unisono. Das Einbringen der Früchte geht bei Nässe weniger gut, versteht sich. Aber es trocknet auch meist wieder sehr schnell auf nach Regenfällen.


Vor einer Woche als ich hier im Boutique - Hotelchen um die Mittagszeit ankam, wurde ich gefragt, wie lange ich bleiben wollte. Ich antwortete, ich weiß es nicht so genau. An diesem Samstag musste ich ja dann noch bis fast halb sechs abends warten bis das Zimmerchen endlich bezugsfertig war. Ich war mir zuerst noch nicht sicher, ob sich dieses Ausharren auch lohnen würde oder dafürsteht.


Jetzt im Nachhinein kann ich nur sagen: Es stand absolut dafür! Das Zimmer ist blitzsauber, eine große Veranda mit Blick über's Meer hinaus. Eine harte Matratze im Queenbett. Die Nasszelle top. Feiner Parkplatz für's Auto. Gemütliches Restaurant mit toller überdachter Terrasse. Internet das gut funktioniert. Hervorragendes Leitungswasser. Ein Wasserkocher. Ruhig gelegen. Sternenhimmel perfekt einsehbar.


Gerade presst mir Pedros einen frischen Orangensaft. Hatte gestern ja einen in der Samaria - Schlucht genossen. Zu lecker, der vitaminreiche Fruchtsaft!

Ich zog erst einmal wie eine Biene am Nektar. Er geht direkt ins Blut, in die Blutbahn über, so ist das lebendige Gefühl. Jetzt sog ich zum zweiten Mal am Plastikhalm. Das Glas ist leer, mein Magen voll. Das sollte für die nächsten Regenstunden reichen.


Orangen müssen nicht immer ganz orange sein um richtig lecker zu schmecken ...


Ein langer Tag heute.

Etwas sehr zäh, positiv ausgedrückt.

Schlechtes Wetter.

Regen und Windböen.

Ziemlich so wie es die Wettervorhersage prognostiziert hat. Das wäre kein ruhiger Seeritt gewesen heute mit der Fähre von Roumeli nach Hora Sfakion. Und, vor allem nass.


Jetzt bin ich wieder in dem Cafe in Sfakia, wo ich bereits vorgestern saß, 'Sweet Creation' nennt es sich, ist neu etabliert, oder sagen wir besser 'arrangiert', dem Zeitgeist eines modernen Schenkeninterieurs unterworfen worden. Dafür ein absolutes Muss sind diese Stuhlschemel mit einem gepolsterten Sessel. Der Unterfuß ist drei- oder auch vierbeinig. Bezogen ist diese 2020er Kleinsänfte grau, anthrazit, bräunlich, vielleicht noch grünlich. Kommen tut das Zeug wohl alles aus Asien. Obwohl hier in Europa tolles Holz wächst. Dieses Update hat aber so viel vorgegaukelte Gemütlichkeit geschaffen, dass ich hier hereinbin. Somit hat es das Ziel eines Geschäftsmannes bereits zur Hälfte erfüllt.


Das Schlimmste im Cafe find ich sind die Flüssigseifenspender die auf jedem Tisch stehen. Auch sie sehen stylisch aus, farblich und vom Design her stilsicher im Ambiente eingeschlossen. Wüsste man nicht was auf der Welt gespielt würde, könnte man auch annehmen sie wären die modernen Ausgaben orientalischer Kleinwasserpfeifen mit Akkus, oder so.


Schöner Platz!

Wenn es regnet musst du den Kaffee aber auch IM Zelt trinken;-)


Das Cafe nennt sich auch Pattisserie - Kleinsüßigkeiten werden in Glasvitrinen präsentiert.

Was sich auch immer mehr durchsetzt ist ein Regal mit Büchern. Auch das soll zum Verweilen anregen. Die Bücher selbst werden allerdings gerne links liegen gelassen, denn das eigene Handy der Klienten wurde zum Ein-und Alles der heutigen Generationen. Deshalb ist für den Gastronom teilweise noch wichtiger als seine Speisen und Getränke, der gut funktioniernende Intenetzugang für das Klientel. Das WiFi Passwort avanciert zum wichtigsten Eintrittscode bzw. der Dableibenummer.


Und dann, ja zur Straßenseite hin ist die Front vollverglast, absolut transparent zur Außenwelt. Die Insassen selbst sind quasi im Schaufenster als lebende Marionetten positioniert.


Ich bin viel in Cafes. Und wie auch gerade, schreibe ich dort. Ich bin Österreicher. Trotzdem reicht beides zusammen noch nicht aus für einen österreichischen Kaffeehausliteraten. Meine ständige Heimat ist nicht mehr Österreich und die klassischen Kaffeehäuser die es noch in Wien, Salzburg oder anderen Provinzmetropolen der Alpenrepublik gibt, frequentiere ich kaum, viel mehr sind es die Cafeschenken die ich auf meinen nomadischen Wegen streife und meistens nur für relativ kurze Zeit mit meinem Besuch beehre.


Obwohl ich speisenmäßig ein sehr 'Süßer' bin und bleibe, lasse ich inzwischen den Industriezucker ganz weg und kippe ihn nicht mehr auf den Milchschaum meines Koffeingetränks. Wenn ich mir daheim einen mache gieße ich mittlerweile Honig hinein in die dunkle Droge. Hab' auch etwas Honig von hier gekauft und Olivenöl. Die fetten weißen und roten Weintrauben oder die saftigen Orangen oder auch Feigen lassen sich leider nicht so gut mitnehmen. Der Versuch die Exotik nach Hause zu bringen scheitert eh wie immer schon im Materiellen, im Ideellen kann das noch eher gelingen, allerdings auch nur für sehr kurze Zeit.


Ich kehre als König zurück.

Als Sklave werde ich so Gott will ein anderes Mal aufbrechen.

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