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Wieder Kreta?!



Frisch ist es heute, hier in Falassarna im äußersten Nordwesten der großen Mittelmeerinsel. Der heurige Sommer hat Anlaufproblem, aber gemach, wir haben doch immer noch Frühling.


Ich blicke über Hunderte, nein Tausende Olivenbäume. Deren Früchte waren jetzt das Letzte das ich von meinem Griechischen Salat verzehrt habe. Was macht man mit den Olivenkernen? Entweder spuckst du sie aus, hier etwa über das Terrassengeländer hinweg, oder aber man legt sie in oder auf ein Tellerchen das bereitsteht oder auch nicht. Oder aber man schluckt sie?


Ein Hauch von Karibik im Mittelmeer


Eingefasst in die Olivenbaumplantagen sind Gewächshäuser wie sie seit Jahren modern geworden sind. Riesige Flächen von Plastikplanen werden von Gestängen gehalten, früher rein aus Holz, heute Metall, Eisen, Kunststoff oder auch Aluminium, egal, was halt gerade 'dran' ist im Vertrieb bzw. in der Mode, im Zeitgeist. Unter den Treibhäusern hier hab' ich bis jetzt hauptsächlich Tomaten entdeckt, diese richtig großen, saftig, fleischigen, die am Boden gedeihen, kein Baum kann sie gescheit tragen, ob ihres Gewichtes. So eine hatte ich gerade jetzt auf meinem Salatteller, bzw. reicht sogar ein halbe davon völlig.


Ich war zuletzt erst im Oktober hier. Da wurden gerade die Oliven geerntet, es war wunderbar. Unvorstellbare Mengen von unfassbar vielen Bäumen auf der ganzen Insel, niemand kann sie je zählen. Wilde und von Menschen gepflanzte in einer ungeheuren Üppigkeit die man selbst gesehen haben muss.


Tolle, versteckte, abgelegene Bucht


Es gibt hier einen Pfad der nach Balos führt, dieser so bekannten Lagune. Es sind 5-6h angeschrieben dorthin, Fußmarsch. Allerdings wie oft auf der Insel ist der Weg nicht einfach zu gehen, denn lose Steine oder spitze, kantige Feldzacken unter den Füßen stehen im Weg, also man muss die Augen offen für den Untergrund haben um angepasst und sicher zu wandern.


Inklusive sind Milliarden von Schafs- und Ziegenkot in Form von runden und ovalen, braunen bis schwarzen Kugeln, die man nicht mit überreifen Oliven verwechseln sollte. Die Tiere weiden die Macchia ab, das ist faszinierend und fast beängstigend zugleich. In den letzten Höhlen dieser Erdstrichs sind diese Viecher zu entdecken, genau dort wo man glaubt, jetzt ist man wirklich alleine. Ich frage mich nur oft, wie fangen die Herder diese Unmengen an wilden Haustieren wieder ein? Die sind stundenlange Fußmärsche entfernt vom Auto, vom letzten fahrbaren Weg. Da können nur Erfahrung und Tricks helfen, denke ich.



Ihre Wolle, ihr Fleisch ist natürlich prächtig. Allein der Geruch des Macchia-Gestrüpps ist so wohltuend, also wird auch das Fleisch, die Milch, der Käse pikant sein, wenn man zusätzliche unnatürliche Präparate weglässt. Vor kurzem hörte ich, dieser berühmte Fetakäse, der weiße Magerkäse ist zu genauen Prozentanteilen aus Kuhmilch und Schafsmilch gemacht.

Später kam mir allerdings zu Ohren, dass der Feta nie aus Kuhmilch, sondern immer aus Ziegen-und Schafsmilch hergestellt wird.


Ohne Feta kein Griechischer Salat denkbar


Eine Nebelkrähe schwebt hinunter Richtung Tiefebene. Graue Wolken hängen etwas herein, der Horizont über dem Meer verwebt sich mit dem Wasser, Farben mischen sich heute und ähneln sich sehr.


Mutter und Tochter schlendern von ihrem weißen Kleinauto in ihr Appartement. Die Haare beide offen, die Handtaschen schlenkern lässig von ihren Schultern, nach dem Motto: 'Nichts vom Shoppen heim, aber alles gut. Hauptsache eine gute Zeit zusammen verbracht.'


Hier in diesem Megaadlernest von Taverne mit Panoramaterrasse bin ich jetzt bereits das dritte Mal, den dritten Tag en suite. Schon beim Hereinfahren am Mittwoch machte ich einen Stopp genau hier an der Straße über der Küstentiefebene. Der 'illy' Kaffee gut. Ist aber alles recht teuer geworden in Europa, seit einem Jahr. Allerdings auch auf den anderen Kontinenten stöhnt man unter einer Rieseninflation. Das aktuelle Bankenwesen ist am Boden, am Ende. Wir befinden uns in einer Zeitenwende.


Ich hatte auch im Oktober wettermäßig so ähnliche Tage wie heute, speziell zum Schluss als Einiges überschwemmt war, besonders rund um Heraklion. Mein Flieger ging damals aber trotzdem wie geplant. Nur der Spätherbst ist eine ziemlich andere Zeit als der Spätfrühling wie gerade eben. Im Winter möchte ich wirklich nicht hier sein. Eine Möwe schwebt unter der Terrasse durch, über die grünen Olivenbäume der Tiefe hinweg.


Panoramaterrasse-und Muse zum Schreiben



Anidri


Komme vom Meer herauf.

Es ist Sonntag.

Ein schöner Steig, der zum Schluss im Bachbett mündet das (natürlich) ausgetrocknet ist. Ein Schlauch führt entlang dessen und aus einem winzigen Löchlein sprießt wirklich nach allen Seiten Wasser in Strahlen, in jede Richtung. Der Sprühnieselregen macht mich feuchtnass, was wünscht sich ein Wanderer Schöneres?


Sitze jetzt in der wohl einzigen Taverne des Bergnests im Garten der von einem Riesenolivenbaum dominiert wird. Außen herum ist der Garten von einer Mauer umringt, die als Bank sehr geschickt in Funktion tritt und einladend aussieht. Innen stehen meist quadratische Tischchen und rote Stühle auf grauem Kies. Mein Tisch ist gelblich-orange. Eine Taube hebt ab wie ein Hubschrauber geradewegs vertikal empor.


Mir wurde ein Krug Wasser gereicht, es schmeckt köstlich. Es ist der erste Sonntag im Juni. Die Feigen sind noch sehr klein, die Weinreben als solche kaum zu erkennen, die Oliven teils noch gar nicht zu entdecken. Das Frühjahr, wie bereits erwähnt, nicht zu vergleichen mit dem Herbst, wenn alles ernteschwanger ist. Das war so als ich vergangenen Oktober hier war auf dieser großen Mittelmeerinsel, damals zum ersten Mal.


Taverne 'Sto Scolio', lese ich gerade auf meinem Handy, so nennt sich also dieser Platz im Dorf Anidri. Eine Taube gurrt fast ohne Unterlass und eine Maschine tut ihre Arbeit von der Küche her, womit auch immer.


Bäume müssen genau mit dem Ort den sie gerade haben das Beste daraus machen-dieser Olivenbaum tut dies schon seit vielen, vielen Jahren


Damit wurde weder Brot, noch Wurst oder Käse geschnitten, nein es war der Lärm eines 'Blenders' mit dem Orangen entsaftet wurden. Gerade eben schlürfe ich diesen frischen Orangenjuice, wie herrlich, viel aufmunternder als Kaffee!



Zwei Tage später


Sitze wieder in der Bergorftaverne von Anidri. Diesmal bin ich mit meinem VW Up (kein Pickup!) heraufgetuckert in dieses versteckte Nest. Vorher habe ich 3h am Kieselstrand unten gefröhnt, den gestrigen langen Wandertag etwas sacken lassen. Das Wasser ist glasklar, mehr einem See gleich als einem Meer. Das Mittelmeer spielt eigentlich alle Stücke, ein Paradies auf Erden.


Diese Kneippe hier gefällt mir außerordentlich gut. Der größte Makel aber, alle Plätze sind schattig, zumindest bis Mittag. Sitze an der Westseite, dort säumt eine lange Bank entlang der Hausmauer. 10 Meter vor mir hantiert eine dünne Alte mit ihrem Wasserschlauch vor ihrem Haus. Jetzt steckt sie gerade einen anderen an den Wasserhahn.


Europa veraltet völlig. Wieder stolpern zwei ältere Wanderer mit ihren Plastikstöcken herein in den Tavernengarten. Der Vibe fehlt in Europa. Die frische Jugend fehlt in der Öffentlichkeit. Gibt es sie hinter den Mauern überhaupt? Man hat es inzwischen mit einer großen Masse an Wohlstandsverwahrlosten, ich meine Wohlstandsverwöhnten zu tun. Sie finden keinen Sinn im Leben, ja ich bezweifle überhaupt, dass viele einen solchen nicht einmal suchen. Das zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten. Der Sinn wird am Handy gesucht. Alles vergeblich, dort ist er auch nicht zu finden. Wenn ich mich ständig durch irgendetwas ablenke, kann ich nicht die Ruhe bekommen in der sich mein Innerstes meldet und mir wichtige Impulse offenlegen kann. In der Ruhe liegt die Kraft. In der Ruhe werden die wirklich wichtigen Dinge geboren.


Morgenwanderung der Küste entlang




Sougia


Bin diese Woche bereits zum zweiten Mal hier in diesem Küstennest. D.h. es muss mir irgendwie gefallen, ansonsten kehrt man nicht wieder zurück. Oder aus Gewohnheit kehrt man auch wieder an Plätze zurück. Ja, das kommt vor, besonders dorthin wo man aufgewachsen ist. Diese Örtlichkeit prägt uns seit frühesten Tagen, sodass wir diese Umgebung quasi eingebrannt haben in unser Rückenmark und sie nie komplett vergessen können. Außer vielleicht wenn man sehr senil wird und sich an gar nichts mehr erinnert, scheinbar, was auch seine Vorteile haben könnte. Solange der Geist aber wie üblich arbeitet ist Vieles abgespeichert, es bedarf nur der Reaktivierung mittels einer der 32 Sinne die wir angeblich haben, und nicht fünf, oder sechs.


Das Meer liegt verdächtig ruhig vor mir, einige schattenspendende Zedern lockern die freie Sicht auf. So etwas wie 'Loungemusic' ist mehr im Hintergrund wahrzunehmen, nicht wirklich störend.


Die Balos Lagune am Morgen


Am Donnerstag kam ich mit der morgendlichen Fähre hierher, von Paliochora aus. Zurück nehme ich den Pfad E4, etwa 17km mit der Lissos Ausgrabungsstätte dazwischen. Dort ist sogar ein Odeon erhalten, so eine kleine Dorfarena oval angeordnet aus massiven Steinblockquadern hergestellt. Dieser Fernwanderweg zieht sich quer über die ganze Insel und ist Teil des über 10.000km langen Fernwanderweges E4 von Portugal bis Zypern, oder eben umgekehrt.


In der ersten mystischen Schlucht gurrten Tauben, die sich in Felsnischen und Löchern beheimatet haben. In der rechtsseitigen Wand entdeckte ich später mittendrin sogar zwei Ziegen, die wohl irgendwelche Mineralien genau dort finden, einen Weg dorthin ebenso, der mir ob der abfallenden Felswände schier unerklärlich erschien. Ein Kletterer hätte diese Line vielleicht gesehen, ich in dem Fall nicht.


Auf dieser Insel riecht es intensiv nach einem charakteristischen Cocktail der von allen möglichen Gewächsen und Früchten ausgeht. Er hüllt einen ein und wirkt wie ein Aphrodisiakum. Schon Napoleon erkannte seine Heimatinsel Korsika sogar blind, allein am intensiven Geruch dessen Macchia.


Nachdem die wundervolle Blüte Bestäuber angezogen hat, sind jetzt die Früchte da um heranzureifen




Man schaut oft in eine vermeintlich karge Landschaft, doch weit gefehlt, neben Felsen, Geröll und wenig Humus tut sich richtig viel. Kreta zählt etwa 600.000 Einwohner, aber Schafe und Ziegen zusammen vielleicht 6 Millionen über die ganze Insel verteilt. Der Feta-Käse, dieser weiße Magerkäse kommt nicht nur auf jeden Griechischen Salat oben drauf, nein er findet auch sonst beim Kochen hohe Anwendung. Neben Zwiebeln, Tomaten, Gurken und Oliven krönt er mit Olivenöl den klassischen Griechischen Salat. Dabei wird hier alles immer recht grob, recht groß geschnitten. Ich kann mich davon täglich ernähren, dazu Orangensaft, that's it!


Allerdings habe ich begonnen den Salat selbst zu machen. Ich schneide mir die frischen Zutaten gern kleiner parat, setze Nüsse und oder Rosinen dazu und verzichte immer auf Essig, Salz ist selbstverständlich, Meersalz wenn vorrätig.


Neben unzähligen Schafen und Ziegen sowie millionenfach Olivenbäumen sieht man manchmal Schweine, wie heute auf der Fahrt durch entlegene Bergweiler hierher.


Paleochora-kurz auch Pale genannt-der angeblich wärmste Ort Griechenlands


Die Orangen sind bereits reif, Bananen ebenso, Zitronen werden es bald und der Knaller sind die großen, saftigen, fleischigen Tomaten die aus den Gewächshäusern kommen. Das verwelkte Tomatenlaub und deren lange Stängel werden dann in Bauern-Pickups zu den teils riesigen Kleintierherden gekarrt, wo sich die halbwilden Haustiere darüber hermachen. Übrig bleiben nur noch Massen an Plastikschnüren womit diese oder auch Strohballen einst zusammengehalten wurden.


Den Farmer siehst du in seinem Ladeflächenautomobil aus den 1970er Jahren bis hin zu dreimal so großen modernen Toyotas und Nissans von heute. Es ist das Transportmittel der Herder und mindestens ebenso wichtig als Statussymbol des Viehhalters. Oft ist der neue Pickup der Hingucker bei Haus und Hof, und nicht das Gehöft.


Blütenmeere-Viehherden


Diese Mittelmeerinsel, aber auch andere laden einfach ein zu träumen, Auszeit zu nehmen von der viel zu schnellen übrigen Welt. Die allumspannende Hektik fehlt hier, der Vibe ist sanft, gutmütig, wohltuend.


Zelten am Meer, was willst du mehr?


Eine laue Brise umhüllt mich. Sie kommt vom Meer. An der Küste hast du fast immer ein wohlwollendes Wetter und Klima. Es kann natürlich auch rau sein, aber vom Winter am Mittelmeer hab' ich vielleicht eine Ahnung, aber keine Erfahrung zu teilen.



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