Zuerst in den Osten - dann in den Südwesten: ZRH - IST - DSS
- Thomas Hopfgartner
- 13. Jan. 2022
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. März 2022
Nach 4 Monaten in Europa eröffnete sich einmal mehr die Möglichkeit diesen bekannten Kontinent zu verlassen.
Eingepackt hatte ich etwas Sommerbekleidung, 13 kg Altklamotten, mein erstes, neues Tablet, meinen Gelbfieber Impfausweis, Euro Bargeld sowie einige QR Codes am Handy.
Sitze im Flieger über den Alpen. Es ist dunkel, gegen 7 pm. Allerdings leuchtet der weiße Schnee und natürlich das elektrische Licht der Zivilisation. Der Schnee wird vom Vollmond beschienen, wie fantastisch leuchtet das denn?!
Die Alpen, diese vielen Bergketten sind aufgefalten, unter mir, unter uns. Zu viele, auch wie ich, AmFensterSitzer haben aber nicht den Wunsch raus zu schauen in die Welt, rauszuschauen in die Nacht. Sie sind mit sich selbst beschäftigt, mit anderen, scheinbar wichtigeren Dingen. Täler, dazwischen Rinnsale, Kanten, Ecken, Schattierungen, Kontraste, Blitzlichter...

Steigflug in den Nachthimmel
Unser Kurs zielt ab in die Türkei, an den Bosporus, das Schwarze Meer nach Istanbul, nach IST. IST ist recht weit außerhalb von Istanbul, der neue Megaflughafen der Osmanen.
Andrea Huber hat heute Geburtstag. Die gebürtige Tschechin ist scheinbar noch immer in Jochberg. Gerade hat der Fluggast gut gegessen, Pasta (und nicht meatballs) und wir schweben über Graz hinweg.
Also in ZRH hatte ich bereits Glück, denn die Bodenofficerin der TA meinte in den Senegal geht's nur mit Impfausweis. Ich erwiderte, nein, man braucht einen PCR Test, auch wenn man einen C-Impfausweis vorweisen kann. Die Frau erhob sich aus ihrem Sessel und verschwand um eine Kollegin diesbezüglich um Rat zu fragen. Nach einigen Minuten war sie zurück und entschuldigte sich bei mir und meinte: 'Sie haben recht!' Ich erwiderte:' Wer recht hat ist in Zeiten wie diesen nicht immer so ganz klar, allerdings auch nicht wichtig.'
Dann beim Boarding selbst noch einmal eine Schockminute. Dieselbe Officerin swipte mein Ticket über den Scanner und es bleibt bei einem roten Lichtsignal und abturnendem Ton. Ich dachte mir: 'Ouweia, es wäre nicht das erste Mal, dass ich trotz Bordkarte und früh genug beim Boarding nicht in die Maschine könnte. Dazu nur ganz kurz das Stichwort 'PANAMA' Anfang August. Nachzulesen das Ganze hier in meinem Blog nicht unter 'Oh, wie schön ist Panama!', sondern unter 'Eine Rückreisekrimi mit Hindernissen'...
Trotz der negativen Reaktion des Gerätes auf mein Ticket hin, ließ mich die Beamtin durch in die Saugröhre die an der offenen Flugzeugtür haftet. PBB heißt das Ding im Flugjargon, also boarding bridge, jet bridge, sky bridge u.a.m..
Jetzt sitze ich im 321er Airbus am Fenster über Kroatien, wie schön ist das denn?
In IST wird's sicher noch einen Security Check geben plus einen neuerlichen PCR - Check.
On top hoffe ich, dass sie im Flieger die entry health form als Papier verteilen, ansonsten muss ich's in IST online machen und sehen welche Überraschungen noch warten.

Das Routing am Monitor zum Ziel sieht lustig aus, finde ich.
Ehrlich gesagt freu ich mich jetzt bereits wieder aufs Heimkommen. PCR mäßig wird das allerdings eine neue Herausforderung. Faken kann ich ihn schlecht. Und nach einer Woche daheim sollte ich wieder einen machen. Ich hoffe ich kann mich über den Transfer herausretten aus den völlig unnötigen Formalitäten. Nicht nur das, genauso unnötigen, unfairen Kosten. Irgendetwas fällt mir da schon noch ein.
Am Montag möchte ich zum Friseur. Seiten kurz und hinten ebenso, sonst halt ich die Hitze Afrikas nicht gut aus. Die der Sahelzone nicht und die der Wüste schon gar nicht.
Ich springe gerade ein bisschen unkontrolliert in der Chronologie herum, tut mir leid. Das ist so ähnlich wie mit Gedanken im Kopf. Die scheinen auch oft keinem Konzept zu folgen. Drängen sich rein wenn sie gar nicht dran sind. Dann wiederum lassen sich Erinnerungen nicht abrufen wenn sie dringend gebraucht würden. Ein anderes Mal sind Synapsen blockiert wo sie doch offen sein sollten. Chaos kann man das auch nennen, ich nenne es, das ganz normale Leben.
Ich sitze hier am Fenster des Airbus.
Doch bis es soweit kam waren noch andere Transportträger nötig. Der LieMobilbus etwa der mich aus dem Fürstentum Liechtenstein herauskatapultierte zum Bahnhof in Sargans. Hinter Masken waren so manche düstere Mienen zu erkennen. Dunkle, böse Blicke, Angst vor der Angst, Misstrauen, ein kaputtes Herz, viele Menschen sind gebrochene, zerrüttete, ich möchte mich selbst da gar nicht ausnehmen. Doch gebrochen auf Afrikatour zu gehen, das hätte keinen großen Sinn.
Der Bündner Schaffner des ICE reißt mich aus meinen Gedanken als er meint: 'Diese Fahrkarte passt aber nicht zu diesem Zug!'Ich hatte eine für eine Dreiviertelstunde später. Das ließ der gute Mann aber nicht gelten und ich musste wohl oder übel eine nigelnagelneue Fahrkarte von Vaduz yum Flughafen Kloten in Zürich lösen, 45 Stutz, sagt man hier, kostete die Unsauberkeit. Somit wurde meine erste Schweizer Bahnfahrt (nach der auf das Jungfraujoch) auch gar nicht mehr so günstig, gut 70 Stutz, Schweizer Franken für die, ja, nicht wirklich lange Strecke. Pünktlich sind die eidgenössischen Bahnen, aber streng ebenso. Die nächsten QR Codes für das Boarding selbst und der PCR waren dann erfolgreichere, ohne weitere Zuzahlungen.
Etwa rund um Garmisch erhellte eine Nachtpiste die vom Vollmond beleuchtente Nacht noch mehr, so, dass sie sogar vom Fenster von hier aus zum Anziehungspunkt wurde. Nachtskilauf kam um die Jahrhundertwende auf, ich kostete das damals in Kirchberg in Tirol aus, wo ich vier Jahre lang wohnte, im Brixental. Der Elektrosmog ist inzwischen so hoch, dass die meisten Leute einen Nachthimmel mit Sternen nicht mehr sehen können, nicht mehr erkennen. Auf der rechten Seite im ferneren Süden war gerade das Zillertal auszumachen, später Zell am See, das Salzachtal und dann noch die Mur/Mürzfurche, alles vom Mond wunderbar erleuchtet.
Jetzt störte das Bordpersonal mit warmem Essen, die zum ixten Male wiederholte Frage des Stewards lautete: 'Pasta or meatballs?' Das oftmaligst Wiederholte war für mich zumindestens sehr lustig anzuhören. Mit einer Elendsgeduld wiederholte er sie fast bei jedem Passagier noch einmal, obwohl sein Englisch eh gut war. Nein, ganz genau ging die Frage jedoch so: 'Meatballs with rice or pasta?' Wohlgmerkt redet der Angestelllte der Staatsairline immer mit Maulkorb, es hört sich somit alles dumpf an.
Das Essen dann war bestens, Turkish eben Profis im internationalen Fluggeschäft. Während ich die warme Pasta plus Sauce, Dessert und Co bereits gut verdaue, oder verdaut habe, setzt der Captain butterweich am Megaflughafen IST auf. Der Tower symbolisiert architektonisch Moderne und Erhabenheit. Wie ein osmanisches Phallussymbol ragt er aus der fast endlosenen Ebene des planierten Geländes empor und zieht die Blicke auf sich. Noch akribischer wird wohl von ihm hinaus in den türkischen Nachthimmel gelugt. 5 Grad Außentemperatur verraten, dass man hier in Turkiye noch nicht sicher ist vom Winter des Nordens.
Hier in IST am Flughafen war ich vor 2 Jahren das erste Mal, da war er brandneu eröffnet, ich kam aus Dubai. Meine Transferzeit war etwa 2 Stunden, die waren bald herum und ich saß alsdann in der großen Maschine in den Senegal. Die wurde recht voll, wieder nahm ich weit hinten am Fenster Platz und fragte die neue Stewardess ob es wieder gleich warmes Essen gäbe.Ssie antwortete:'No!' Ich meinte darauf: 'Good!'. Und dachte mir, ich hab eh schon gut gegessen und möchte jetzt eigentlich nur mehr schlafen. Der dicke Airliner hob ab, die Route ging über Griechenland, Malta, Tunesien und in Vollschlaf von mir, immerhin, es war weit nach Mitternacht inzwischen. Ich teilte den Jumbojet mit hauptsächlich schwarzen Gesichtern, wen wundert's, ging es doch nach Westafrika, Dakar war unser Ziel.
Ich fragte die Stewardess noch wie oft dieser Flug pro Woche ginge, sie meinte täglich, was mich verwunderte, diese große Maschine, täglich nach Dakar? Konnte ich nicht ganz glauben. Später stellte es sich heraus, dass die Lady erst das erste Mal diese Strecke flog, höchstens aber das zweite Mal und nicht sehr viel rundherum wusste. Umso natürlicher sorgte sie sich um das Wohl der Gäste.
Als ich wieder aufwachte war es immer noch Nacht, aber nur mehr etwa 2 Flugstunden bis Dakar. Mit anderen Worten wir cruisten über die Sahara. Mittlerweile kann ich ja wirklich schlafen in Fliegern. Die ersten Jahre war ich so aufgeregt, dass ich nicht wirklich in Tiefschlafphasen kam, auch bei langen Internkontinetalflügen nicht. Ich wartete schon sehnslichst auf erstes Sonnenlicht, zappte noch am Bordmonitor herum und alsbald wurde wieder feines Frühstück gedeckt. Turkish eben, eine Bank beim Fliegen.
Dann Rücklehnen vorklappen, Tischchen wegfalten, Fenster auf, Gurte zuzurren es geht in den Landeanflug über. Immer noch Düsterkeit draußen, jetzt müsste aber doch bald der Morgen hereindämmern! Tut er aber noch nicht, bis nach dem Touchdown als ich den Jumbo wieder durch die Saugröhre verlasse, in der man die Wärme bereits spüren konnte die der afrikanische Kontinent hier für seine Ankömmlinge über hatte.
Die Einreiseformalität dann sehr easy, der obligatorische Corona Check, von einer als Krankenscchwester verkleideten muslimischen Frau recht adrett gemacht. Danach der Stempelofficer der einfach in meinen vielbedruckten Pass auf eine bereits eh schon volle Seite den Einreisestempel presste. Gott sei Dank ist er rot, und ich huschte sofort um mir die Seite zu merken, bevor ich ihn später wieder kaum mehr finden könnte.

Privatschuttle bis an die Küste - das war unerwartet - heute am frühen Sonntagmorgen
Während des ganzen Einreisevorgangs kam ich einer Schwarzen zu Hilfe deren Taschengriff gebrochen war. Da das nicht ihr einziges Gepäck war, nahm sie meine Unterstützung verwundert aber gerne entgegen. Wir traten somit als Halbpaar in Erscheinung. Sie sprach jedoch auch Englisch, obwohl sie Senegalesin, aus Dakar war. Ich frug sie ob sie Toubab Dialaw kenne und wisse ob dorthin ein Bus gehe. Sie meinte, vom Flughafen weg gingen gar keine Busse. Aber ich solle ihr unauffällig folgen, sie erwarte einen Fahrer der sie nach Dakar bringe.
Der Zoll fand noch Gefallen an ihren Gepäckstücken, ich wartete einstweilen beim Geldwechselbüro auf sie, das leider zu hatte. Ich fragte sie dann noch ob sie in Europa wohne und Euro in XOF wechseln könne. Das verneinte sie und meinte:'Nein, ich lebe in Dakar.' Sie war nur für Tage in der Türkei auf Urlaub gewesen, scheinbar.
Draußen dann traf sie dann im Gewurrle der Menschen und Fahrzeuge ihren Fahrer und deutete mir auch einzusteigen, was ich machte. Ich schlug ihr vor einen ersten Teil des Weges mitzufahren um dann auszusteigen um weiter an die cote petit zu trampen. Kurzer Hand entschied sie dem Fahrer aufzutragen, dass er mich gleich nach Toubab Dialaw fahren solle, was ich als sehr, sehr höflich und hilfsbereit empfand, immerhin ein ordentlicher Umweg. Verkehr war allerdings kaum an diesem Sonntag Morgen im Großraum von Dakar. Der Flughafen liegt allerdings meilenweit vom Stadzentrum enfernt.
Ich wurde beim einzigen großen Hotel des Meeresörtchens abgesetzt, bedankte mich herzlich, wollte die Dame noch zahlen, die aber meinte :'Mich nicht, du kannst es gerne dem Fahrer geben.' Ich gab ihm 10€ und der silberfarbene Toyota verschwand in der rötlichen Sandpiste im Dunst. Ich war vor einem 4 Sterne Hotel. Für mich war klar, übernachten werde ich hier sicher nicht. Aber frisch machen, umziehen, einen Kaffee trinken und ankommen, ja das hatte ich vor. Somit war ich im Senegal gelandet, am Atlantik, an der cote petit.
Der Kaffee des Buffets schmeckte, die Meeresluft und die warme Temperatur auch, meine Hinreise war glücklich verlaufen, ich dankte dem Universum dafür. Zwei kleine trockene Croissants passten zum Schwarzen Kaffee, meine lange Hose wechselte ich unten an der alten Meeresterasse. Und ,ja, längst war ich aus meinen Nike Sneakern geschlüpft.
Jetzt waren Flipflop Latschen angesagt.

Hier die Atlantikküste bei Toubab

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