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  • 10. Juli 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Juli 2021


Der Kaffee, unser liebes Heißgetränk, wird aus der der Kaffeebohne gemacht, die wiederum in der Kaffeekirsche liegt, die am Kaffeestrauch wächst. Meistens sind zwei dieser Bohnen in einer dieser Kirschen eingehüllt. Das ist der Samen, der aus dem Fruchtknoten entsteht, nachdem der Strauch weiß geblüht hat, in Trugdoldenform.


Was ich gerade hier im Hochland von Guatemala sehe sind Kaffeeplantagen wunderbar eingebettet in Hügel und Hänge mit anderen größeren Bäumen. Eine Ökosystem das die Pflanze mag und ein Klima das hervorragend zum Reifen ist. Es braucht genug Feuchtigkeit, wir haben gerade Regenzeit, es gedeiht und wächst alles, man kann die Fülle täglich erkennen.


Die Blätter des Kaffeestrauches oder -baumes sind grün und momentan die Früchte, also die sogenannte Kaffeekirsche genauso. Auf einer Verzweigung befinden sich unglaublich viele davon, die in unterschiedlichen Stadien reifen, so ähnlich wie bei Ribisel, Joahnnisbeeren. Wenn sie reif sind, sind sie in der Regel rot, kann aber auch gelb sein. Die Arabicapflanze ist heute zur Kaffeeherstellung die meist verwendete Sorte geworden.


So sehen die Sträucher und Früchte jetzt im Juli hier im Hochland aus.

Grün und massenhaft. Natur in ihrer Fülle.


Wenn die Frucht ausgereift ist, kann sie monatelang am Strauch hängen bleiben, bevor sie dann schwarz wird, vedorrt und abfällt. Davor aber wird sie natürlich gepflückt, sehr oft händisch, ich würde das zu gerne hier beobachten, aber es ist eben noch nicht die Zeit dafür. Das ist nämlich eine Riesenarbeit und erst der Beginn des Prozesses bis zur trockenen und gerösteten Kaffeebohne die nötig ist.


Wenn biologisch getrocknet wird, dann gibt man der Frucht einige Wochen Zeit und die Pulpe, also der Kirschmantel trocknet teils in die Bohne ein, was ein süßliches Aroma gibt. Für die Massenproduktion wird aber nicht so lange zugewartet und der Kaffee gewaschen und maschinell getrocknet. Sind die Bohnen dann trocken geht es in den wichtigen Röstvorgang, der eine Wissenschaft für sich wurde.

Vertrocknete Kaffeefrüchte vom Strauch gepflückt und aufgemacht


Du kaufst im Geschäft dann entweder die ganzen Bohnen und mahlst sie daheim selbst, oder du erstehst eben gemahlenen Kaffee. Aus 1kg Kaffeekirschen schauen übrigens nur 1 Viertel Kilo Rohkaffee heraus.


Den Ursprung hat die Kaffeepflanze nicht etwa hier in Mittelamerika, sondern in Afrika. Äthiopien gilt als die Heimat des Kaffees. Man trinkt dort Kaffee in einer Zeremonie. Es werden traditonelle Tongefäße dafür verwendet. Und natürlich immer schwarz. Selbst am Flughafen in Addis Abeba kann man sich in der Ethiopian Lounge Kaffee so kredenzen lassen, ein Erlebnis. Und der heiße, schwarze Kaffee schmeckt dort definitiv absolut lecker.


Das heutige deutsche Wort 'Kaffee' entstand aus dem Französischen 'cafe', was wiederum aus dem Türkischen 'kahve' hergeleitet wurde. Dorthin kam es vom Arabischen 'qahwa'. Es bedeutet 'anregend', 'stimulierend'.

Im ostafrikanischen Kiswahili, in dem Arabisches enthalten ist, heißt es heute 'Kahawa'.

In Kenia trinkt man diesen Kahawa übrigens so so stark gewürzt, dass es zumindestens mich aus den Latschen hebt.


So führte der Weg des Kaffees aus Äthiopien über den Jemen auf die Arabische Halbinsel und weiter über Syrien in die Türkei von wo aus die neue Droge nach Europa kam und im 17. Jahrhundert die ersten Kaffeehäuser entstanden. In Istanbul, Venedig, Versailles oder eben Wien. Vorerst tranken die einfachen Leute keinen Kaffee, er war zu teuer, es war den Adeligen und Wohlhabenden vorbehalten den modern gewordenen Trunk zu genießen.

'Werktagskaffee' mit Champurada, Tostadakeks. In der Casa Cakchiquel.


Man sagt dem Kaffee nach anregend, stimulierend zu wirken, man zählt ihn auch zu den sogenannten legalen Drogen und er gilt als Aufputschmittel. Das enthaltene Koffein zählt zu den psychoaktiven Substanzen.

Von Afrika ausgehend wurde die Kaffeepflanze in alle Welt exportiert, vornehmlich in tropische Gegenden, wo die klimatischen Bedingungen bestens passen. Der größte Kaffeeproduzent weltweit heutzutage ist mit Abstand Brasilien, gefolgt von Vietnam, Kolumbien und Indonesien. Äthiopien, Honduras, Indien, Peru, Guatemala, Uganda und Mexiko folgen.


Im letztgenannten Land wird scheinbar weltweit pro Kopf am meisten Coca Cola getrunken. Diesen Eindruck konnte ich in vergangenen 6 Monaten auch gewinnen. Auch hier im Kaffeeland Guatemala ist die Coke-Konsumation erheblich. Kaffee ist aber tatsächlich neben Wasser und Tee heute eines der meistgetrunkenen Getränke weltweit.


Cappuchino im Te Quiero Cafe des Hotels Texel in Panajachel


Als ich aufwuchs hörte man immer, Kaffee ist nur etwas für Große, erwachsene Leute, das war ok. Ich trinke inzwischen als Erwachsener längst Kaffee und hier in Mittelamerika zugegebenermaßen mehr als üblich. Wenn Tee hier eine Kultur hätte, würde ich eher Tee trinken, im Prinzip geht es mir am meisten aber um ein warmes Getränk. Für mich hat Kaffee auch nicht wirklich eine aufputschende Wirkung, die konnte ich kaum noch nachhaltig feststellen.


Ganz anders ist das etwa bei meiner Mutter. Wenn sie schlapp geworden ist, irgendwann am Tag, und sich einen Kaffee macht oder bekommt, kriegt sie wieder ihre Energie zurück, die vorher aus dem Körper entwich. Alte erzählen auch öfter sie dürften nicht zu spät Kaffee konsumieren, ansonsten würden sie nicht mehr leicht einschlafen. Man kann also defintiv feststellen, dass die Substanz individuell und unterschiedlich auf die Menschen wirkt.


Für mich aufputschend wirkt Coca Cola. Das führe ich allerdings weniger auf das darin enthaltene Koffein zurück, als viel mehr auf den enormen Zuckergehalt des Getränks.

In Mexiko, aber auch hier in Guatemala ist es Standard, dass die Einheimischen 2 - 3,5l Cola-Plastikflaschen täglich aus den Geschäften zerren. Nicht nur die Jungen, nein, auch die Mittleren und Alten. Diese schlechte Ernährungsgewohnheit ist wohl von den US-Amerikanern übernommen worden.


Für mich als gebürtigen Österreicher ist die Wiener Kaffeehauskultur legendär, oder etwa auch ein Cafe Tomaselli in der Salzburger Altstadt, in denen auch viel Literatur geschrieben wurde. In diesen traditionellen Cafes, die geräumig und unglaublich gemütlich eingerichtet sind, bedient von klassichen Kellnern der Wiener Schule, kann man viele Stunden verbringen. Wesentlich interessantere als in der Wohnung daheim.


Kaffeeplantage im Mix am Südufer des Lago Atitlan bei Santiago


Meine Mutter mischt bis heute dem Werktagskaffee unter der Woche Titze oder Linde bei. Beides sind traditionelle Ersatzkaffees aus Getreide die mild sind und ohne Koffein.

Meine persönliche Ansicht ist jene, dass vieles in unserem Leben Gewohnheit ist oder recht bald wird, so auch etwa das Kaffeetrinken. Ich selbst kann sehr gut ohne Kaffee leben. Hier in Guatemala muss man aber zwangsläufig zum heimischen Kaffee greifen. Viele Einheimische können auch nicht ohne Coca Cola auskommen. Deshalb kann man Kaffee nicht gegen Cola ausspielen, sondern es braucht hier beide Getränke.


Gerade heute bei einem Picknick am See hab' ich das bei den Clans wieder gut beobachten können. Neben den Thermoskannen mit Kaffee stehen die großen Pullen Coca Cola, oft halbleer oder bereits ganz geleert. Die Plastikflaschen kommen dann nach dieser Einmalverwendung in den Müll. Aber das ist wieder ein anderes Thema...


Ein 'Hoch' auf den Kaffee aus Guatemalas Hochland;-))

(Tiefer wächst er auch...schmeckt halt anders.)

 
  • 8. Juli 2021
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Juli 2021


'I give you all of me, and You give me all of you!', dröhnt aus der Lautsprecherbox des Cafes in Santiago in dem ich sitze. Weil unten im Parterre der Straßenlärm beträchtlich ist, zog ich in den ersten Stock herauf, oder wie es hier genannt wird 'secondo nivel'. Allerdings ist der allgemeine Lärm noch immer so groß, dass es nicht gemütlich ist und zum Schreiben auch zu ablenkend.


Ich habe etwa Halbzeit meines Reisetages rund um den See. Möchte weiter nach Cerro de Oro und dann noch nach San Lucas zum vielleicht letzten Boot des Tages.


Mit 'Big girls don't cry', verlasse ich die Kneipe. Musste aber doch den Chef zum Bezahlen suchen, weil die Bar verwahrlost war. Der Kellner on duty musste auf die Toilette, kam ich dann drauf, auf die 'banos', wie man das im Spanischen elegant ausdrückt. Dieses Santiago will mir einfach nicht gefallen. Trotz einer herrlichen Lage zwischen den massiven Vulkanen und einer tollen Lagunenzunge die ich heute entlangstreifte, ist mir das Zentrum viel zu quirlig. Nirgendwo findest du deine Ruhe. Durch jede enge Gasse braust fast permanent Verkehr, zu allererst die Knattertuktuks. Wenn man müde ist und keinen Platz findet für Regeneration ist das nicht angenehm.

Am Pickup hinunter nach San Lucas

Ich fragte eine beleibte Saftverkäuferin, die im Schatten hinter ihres Standls saß, wann denn der letzte Bus nach San Lucas fahren würde. Sie meinte um halb drei. Ich checkte die Zeit, es war noch davor. Da ich mich in der Straße befand wo der Bus passieren muss, war ich beruhigt und schnappte noch 'papas fritas' auf, die ersten heute die halbwegs gut und frisch aussahen im ganzen Ort.


Als ich hereinmarschierte und mit Kohldampf etwas suchte, fand ich keine die ich meinem Magen hätte zumuten wollen. Als Alternative kamen 4 warme Tortillas in meinen Mund. Die drei 'signorinas' die diese im Team zubereiteten und verkauften sprachen mich auf ein 'Soda' an. Mit einem Schlag kam ich mir wie in Afrika vor, wo das ständig passiert. Ich war heute nicht in der Laune, hatte einen straffen Travelplan und spendierte ihnen kein Soda. Ich kam nicht einmal dazu einem Kind ein Bonbon zu schenken, vor lauter Taktung in meinem Schritt.


Vor der Garage der 'Brummer'


'Ah, der Brummer kommt!' Ich gebe deutliches Handzeichen, dass ich dabei sein möchte bei der Ladung. Schwupps, schlängelte ich mich schon durch den engen Gang und platzierte mich nicht allzu weit hinten. Schieße sofort mein Chicken-Bus Innenfoto nach vorne und spähe anschließend ständig aus dem rechten Seitenfenster in Richtung Toliman und Atitlan, 2000m höher die Gipfelkrater von hier aus, massive Kolosse.


Der Bus hat Endziel Guate, die Hauptstadt, welcher Trip! Und kam wahrscheinlich am Vormittag von dort. Der Schaffner beginnt bereits mit dem Einsammeln des Transportgeldes, ich finde recht früh. Wie auch immer, ich gab ihm 5 Quetzales und meinte: 'San Lucas.' Er erwiderte: 'Ist aber 10 Q!' Dann erkundigte ich mich nach dem Preis nach Guate, er meinte 50 Q, und nach Cerro de Oro seiens 5. Ich entschloss mich nicht mehr draufzuzahlen und dort auszusteigen, was auch korrekt meiner ursprünglichen Tagesplanung entsprechen sollte.


Ich checkte auf meiner offline Handy-App wo wir uns gerade genau befanden und wo ich dann aussteigen müsse. Das gelang sogar fast punktgenau, ich wollte mich nämlich nicht auf den Schaffner verlassen, denn dem ist das egal oder recht wenn ich weiter fahre und mehr zahlen muss.


Heute sah ich massiv viel Brennholz - vieles davon auf den Rücken der Einheimischen


Der Weg ins Zentrum von Cerro de Oro von der Hauptstraße aus war toll. Vor allem ruhig, angenehme, warme Luft, super! Ich blickte immer wieder auf den Hausvulkan gute 300m höher, aber heute hat ein Abstecher hinauf definitiv keinen Platz. Die etwa 5 km durch den ganzen Ort bis wieder zur Hauptstraße legte ich strammen Fußes zurück, denn es lief mir etwas die Zeit davon zum vielleicht letzten Boot vom Nachbarort aus. Einige Pickups die bereits proppevoll waren, kamen als Taxi nicht in Frage, so kam ich an die Kreuzung und erwischte dann noch einen auf dem ich gemeinsam mit einem Einheimischen Platz fand.


Ich stand hinten auf der Stoßstange mit meinen Füßen. Auf der Ladefläche war 'Frauenquote' angesagt, aber eine natürliche. Der Transporter brachte uns alle sicher nach San Lucas, ich bezahlte 3 Q, genau was ich mir gefühlsmäßig ausgedacht hatte. Es war 4pm. Ich dachte mir, das letzte Boot sollte jetzt absolut möglich zu erreichen sein, und ging an der Kirche vorbei, abwärts hinunter zum Steg.


'Pana! Pana! Panajachel!', brüllte der Junge so oft, bis wir dann mit 6 Passagieren das letzte öffentliche Boot wurden, das von San Lucas ablegte nach Panajachel. Die flotte Fahrweise hinderte mich nicht die ins Abendsonnenlicht getauchten Vulkane und Orte zu bewundern die ich heute durchquert hatte. Zugegeben, etwas schnell. Ansonsten wäre sich dieser Giro del Lago zeitlich nicht ausgegangen.


Bootssteg in San Lucas


Nun, wie begann diese Runde aber?


Genauso mit einer Bootsfahrt, so wie sie geendet hatte. Und zwar von Pana mit Stopps über Santa Cruz, Jabalito, Tzununa, San Marcos, San Juan nach San Pedro.


Andocken in Santa Cruz


Durch San Pedro geht's hinauf, ich fragte unterwegs, wo die Busse nach Santiago stehen würden. Ich wurde nicht fündig und wusste wohl, dass das Meiste nach Santiago auf dem Seeweg absolviert wird, denn die Straße ist weit, hügelig und ihren Zustand kannte ich nicht. Bergauf ging's zu Fuß, Kehren kamen, die Aussicht wurde immer besser, aber keine Busse am Weg. Ich stoppte einen Pickup und fragte: 'Santiago?' Der Fahrer bejahte, ließ stehen in der Steigung und ich stieg hinten auf die Ladefläche. Ich konnte mich an dem Eisenaufbau gut halten. Im Laderaum waren eine Kompressorpumpe und zahlreiche Lackdosen. Wo hätte ich besser die Landschaft betrachten können als hier von der offenen Ladefläche aus?


Ich war mir nicht sicher wie vertrauenswürdig der Fahrer allgemein war, sein Fahrstil war jedoch soweit sehr in Ordnung. Dann erkannte ich von hinten, dass der Beifahrersitz auch besetzt war, wessen ich mir ursprünglich nicht sicher war. Das hieß, ich musste eh sowieso hinten Vorlieb nehmen. Immer wieder Unmengen von Brennholz, die an die Straße geschleppt wurden, um von dort abtransportiert werden zu können. Links und rechts, immer wieder richtig viele Holzarbeiter. Auch ein paar Arbeiter in den Feldern, der Mais bereits riesenhoch.


Allerdings auch immer wieder Verwaschungen an der Straße, lose Steine, festgefahrener Schlamm, von den Regenfällen der letzten Tage. Irgendwann war die tadellos asfaltierte Straße dann zu Ende, es wurde enger, ging bergab und der Untergrund wurde richtig herausfordernde Piste. Ich hatte keine Chance Fotos zu machen, musste zu fest an die Eisenstangen des Ladeflächenaufbaus packen. Entgegenkommende Vehikel zwangen zum Stehenlassen, um aneinader vorbeizukommen.


Dann war dumpfes Gehupe eines größeren Fahrzeugs zu vernehmen. Ich dachte: 'Fahren doch große Busse diese Strecke?' Unser Fahrer hielt jetzt vor einer scharfen, steilen Kurve an. Und ich war gespannt was kommt. Es war ein Laster, ein langer, beladen mit Sand. Unser Pickup setzte zurück, die Räder drehten durch, ich dachte mir: 'Ist das schon guter Allradbetrieb?' Der schwere Lastwagen konnte passieren. Er wäre wohl nicht mehr vom Fleck gekommen, hätte er stehen lassen müssen.


Die Piste war grob, steil sowieso, teils altes Pflaster, und eben die Regenfälle der Jahreszeit setzten der Straße ordentlich zu. Inzwischen konnte man den See wieder sehen, wir hatten den Vulkan San Pedro hintenrum gequert. Immer wieder Kaffee, Kaffeeplantagen en masse. Jetzt sind die Früchte alle erst grün.


Als ich auch Santiago bereits sah, dachte ich mir, jetzt würd' ich am liebsten wieder zu Fuß unterwegs sein. Ich rief zum Fahrer und bat ihn stehen zu bleiben. Gesagt, getan, ich stieg vom Ladekäfig ab und zahlte. Der Chauffeur war sehr froh, damit konnte er sich den Sprit für die Fahrt wohl leisten, womit er heute nicht gerechnet hätte.


An der Lagunenzunge bei Santiago


Vorerst waren meine Arme und Hände froh, aus den Klammergriffhaltungen befreit zu sein. Das war doch eine harte Haltepartie am Heck, die Piste verlangte alles ab. So viel Kaffee, so viel Brennholzarbeiter und so schöne Aussichten über diese versteckte Lagunenzunge machten den Weg interessant.


Allerdings hatte ich mich verschätzt in der Entfernung nach Santiago. Es wurden doch vielleicht 5-7 km die ich noch bis ins Ortszentrum zurücklegen musste. Das war der Grund weshalb ich dort mit Kohldampf etwas Warmes suchte. Der Cappuchino im Cafe war dann die ersehnte Rast nach einer sehr suchenden und gewundenen Durchstreunerei des Zentrums von Santiago de Atitlan.

Im Cafe fand ich auch oben nicht die Ruhe die ich ersehnte

- fast egal, ich musste eh bald weiter



 
  • 7. Juli 2021
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Juli 2021


Heute bin ich erstmals nachmittags hier in dem kleinen Geschäft, wo man auch einen Kaffee bekommt. Es sieht unscheinbar aus, aber man kann hier mehr haben als man vorerst annimmt. Ich hocke auf einer Weidenbank, so für zwei Erwachsene die sich gern haben. Unter mir ein Stoffpolster, in meinem Rücken eine Polsterwulst die ich bald gerade, bald schräg irgendwo mit meinem Buckel festhalten will, damit es irgendwie bequem ist. Heute ist das kleine, niedere Tischchen mit einem blauen Plastikkorb voll mit grünen, langen Kräutern besetzt. Ich koste, kann das Grün aber nicht benennen.


Trotzdem habe ich meine weiße Schale Milchkaffee noch mit auf das Couchtischchen abgestellt, wo normalerweise auch mein Notizbuch liegt und meine Smartphone. Bei meinem allerersten Besuch hier fiel mir auf, dass alle angebotenen Waren mit einem Preispickerl versehen sind, sehr unüblich für hiesige Verhältnisse. Als ich dann erfuhr, dass der Chef ein deutscher Expat ist, verstand ich das besser und lachte mit der Verkäuferin, seiner Angestellten.


Ich find ja gut, dass man jeden Preis gleich weiß. Andererseits tut reden auch gut, speziell wenn man eine Sprache vertiefen möchte, so wie ich Spanisch. Der kleine Laden ist links an der Seite gelegen in der schmalen Gasse hinunter zum Bootssteg von Jabalito.


Vom Seepfad aus


Ich spazierte vorher von Santa Cruz hierher, am wunderschönen Seetrail, der wenig begangen wird und einer der schönsten am See ist. Diesen Pfad, 'sentiero', habe ich schon öfter genommen. Die Aussichten auf den See und manche würzigen Pflanzengerüche sind eindringlich.


An der Hausmauer gegenüber steht oberhalb der schwarzen Stahltür die Zahl 555 einhalb auf einer bunten Keramikfliese, als Hausnummer sozusagen. Meine Tasse Kaffee ist leer, der Teelöffel verschwindet fast ganz darin. Das Zuckerglas daneben mit beigem Feinzucker hat mir die Einheimische mit einer weißen Papierserviette zugedeckt, als Insektenschutz wohl.


Zum Kaffee esse ich meistens zwei Kokosbusserl. Die sind genauso gemacht wie die meiner Mutter. Ich liebe diese Kekse. Mein Vater tat das auch. Mit einem Mal verschwanden diese Leckerbissen auf seiner Zunge und im großen Mund, fast wie bei einem Chamäleon. Bei mir sieht das ganze Prozedere des Keksessens sehr, sehr ähnlich aus. Ich kann auch De Beukelar Prinzenrollen Kekse im Durchmesser auf meiner Zunge abstellen um sie gleichzeitig anzuwässern und anschließend zu zermalmen.

Ein Kätzchen und der Kleinbub bei einem vorherigen Besuch im Lädchen. - Ich schubbste die kleine Mietze mit meinem Fuß weg - Der Bub machte es mir darauf sofort nach, als das Jungtier sein Kekslein wollte - Ich dachte mir: 'Hey, sei ein gutes Vorbild, Kinder ahmen sofort nach, pass' besser darauf auf!'


Gerade latscht eine eine junge Frau das Gässchen herauf, ihr Baby trinkt während dieser Reise an der halbnackten, linken Brust. Die Mutter schaut zu mir herüber, während sie stillt. Wahrscheinlich kommt dieser Ausdruck daher, dass die Kinder die an der Mutterbrust Milch trinken still sind. Denn saugend trinken und gleichzeitig schreien geht sich nicht aus. Wenn man bedenkt wie lange sich diese orale Phase bei manchen Menschen hält, dann weiß man, dass im jüngsten Kleinkindalter sich Vieles markant und dauerhaft einprägt.


Die Sonne steht hoch oben, rechts von mir im Westen und Schatten fallen schräg auf den erdfarbenen, glatten Boden. Gerade kam ein Bub in den Laden und interessierte sich für Schirme, chinesischer Art, die bereits einen weiteren Transport hinter sich haben, als sie je in Menschenhand am See erleben werden. Das zeigt wohin uns die kapitalistische Marktwirtschaft geführt hat und wie kaputt unser System mittlerweile ist. Der Junge unterhielt sich im Cackchiquel Dialekt mit der Ladenangestellten.


'Galletas de coco, cada uno 2''


steht auf der transparenten Plastikbox mit den Kokosbusserln. Es 'grummelt' ein bisschen, Donnergrollen, nicht sehr beängstigend, eher gemütlich, keine Panik verbreitend. Gegenüber oberhalb der Nachbarhaustür lese ich 5 5 5. Darunter eine wunderschöne, niedere Holztür mit einem kleinen, schmiedeeisenen Gitterchen in der Mitte, wie es hier üblich ist, für das 'Türgeschäft'. Die Hausmauer ist mit einem Meeresmotiv bemalen, das Dach aus Wellblech, allerdings alles sauber geometrisch verarbeitet.

In der 'Laube' meines Lädchens in Jabalito


Ein Gringo meines Alters kam gerade um Wasser in seinen 20l Garafon laufen zu lassen. Diese Wasserstelle wird gerne besucht, die Qualität ist eine gute. Es wird bald 4 pm. Wohl doch Zeit um wieder zurück nach Santa Cruz zu wandern. Ich kann natürlich auch hier in ein Boot steigen, möchte aber eigentlich noch lieber zu Fuß am Weg sein, da sieht man am meisten und nebenbei ist es auch für den Körper das Beste. Ich höre gerade meine Gastgeberin heißt Isabel. Ich muss noch zahlen.


Nachdem das passiet war, machte ich noch ein Foto von der 'Speisekarte' die vorne herausen hängt und zog los. Ich passierte den Fußballplatz, das Match der Kinderkicker war in vollem Gange. Der Schönling von Spielertrainer des Gastteams mit den viel zu professionellen, weißen Dressen, hatte inzwischen einen klatschnassen Rücken. Er wollte sich hier wohl als Favorit nicht eine Blöße geben lassen. Es geht danach treppenartig hinauf. Von dieser Passage aus gibt es einen tollen Ausblick zum hell scheinenden Kreuz hoch über Jabalito.


Später am Weg stoppte ich um einen Vogel genauer zu beobachten. Eine mir entgegenkommende Weiße auf hohen Plateausandalen, die ich völlig unpassend für den Pfad hielt, sprach mich sofort an: 'Was hast du im Auge?'. Ich antwortete: 'Was heißt noch einmal schnell 'Vogel' auf Spanisch?' Sie meinte: 'Pajaro.' Achja, genau, es fiel mir wieder ein. Sie war so verwundert darüber, dass man Natur etwas genauer betrachten kann, so entstand keine weitere Kommunikation, ich wurde ja auch in meiner Leidenschaft gestört. Ihr folgte nach einem außer Sichtweite Abstand ein Junge und ein Mann, auch weiß, ich denke es war ein kleine Familie, Hund auch dabei, nicht zu vergessen.


Bald darauf stieß ich auf dem Weg auf einen jungen Einheimischen der eine alte, dürre Grauweißhaarige führte. Sie steckte in hellen Socken und diese in dunklen Sandalen und war nicht sehr sicher in ihrer Fortbewegung, sprach Englisch mit ihrem Betreuer. Ich denke sie ist Amerikanerin die schon lange hier lebt. In den 80 iger und 90 iger Jahren kauften speziell Nordamerikaner hier Land und ließen Häuser darauf bauen. Das war noch zu Zeiten des langen, grausamen Bürgerkrieges im Land, der erst 1996 ein Ende fand und etwa 1960 begann. Furchtbar langer Kampf zwischen Regierenden und Mayastämmen.

Blick nach Santa Cruz


Am Steg in Santa Cruz nieselte es leicht, über Vulkan Toliman bereits heftiger, die Stimmungen am See sind schwer beschreibbar. Vor allem deshalb, weil der See nie gleichmäßig von Wolken, Sonne, Wind, Regen oder Donnerwetter betroffen ist. Nachmittags beginnt die Wasseroberfläche des Sees sich zu kräuseln und heftigerer Wellenschlag ist im Verlaufe wahrscheinlich. Das Boot zurück prallte einige Male dumpf am Wasser auf, der Bug so hoch in der Luft, dass man nicht darüber hinweg blicken konnte. Ich zog mir noch im Bootsrumpf meine Regenjacke über und dem Rucksack sein Kleid an.


Gleich nach dem Aussteigen musste ich bereits wieder Schutz vor Regen unter dem Wartehäuschen am Steg suchen. Mein Nachmittagsausflug endete bei einem mäßigen Milchkaffee in einer neuen Kneipe, die ich nicht mehr vorhabe wieder zu besuchen.

Schon wieder hatte ich in meinem 'Jabalito Mercado', wie der kleine Laden offiziell heißt nicht die Kakaofrüchte mitgenommen, die ich so gerne kosten würde. Also, auf einen anderen Besuch in diesem verschlafenen Dorf am See.


Vulkan San Pedro über Lago Atitlan

Das vordere Boot, 'lancha' genannt, das Hauptverkehrsmittel am See

 
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